Teneriffa und das Dorf der Aussätzigen | Geisterstadt in Panoramalage
Keine Hexerei, keine toten Hühner, keine paranormalen Aktivitäten … Das Ruinendorf von Abades ist ein interessanter Ort, der direkt am Atlantik liegt.
Hast du schon einmal von der „Geisterstadt von Abades“ gehört? Der Ort an Teneriffas Südostküste liegt in unmittelbarer Nähe zum Atlantik und soll einst als Sanatorium und Quarantäneort für Leprakranke geplant worden sein.
In dem Dorf, das im Jahre 1943 errichtet wurde, findest du nicht nur die Ruinen vieler kleinerer Häuser, sondern auch ein Krankenhaus, ein Krematorium und eine wirklich gut erhaltene Kirche, deren Spitze du schon von der Autobahn (Autopista Sur) aus erblicken kannst.
Zahlreiche Menschen auf der Insel waren zur Zeit des Zweiten Weltkrieges an Lepra erkrankt und an der Krankheit gestorben. So hatte man auf Teneriffa verzweifelt nach einer Möglichkeit gesucht, um eine weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern und war auf die Idee gekommen, einen geschlossenen Ort für die Infizierten zu errichten. Noch bevor es zur Fertigstellung der Leprakolonie kam, wurde jedoch ein Medikament gegen die schwere Krankheit entwickelt. Die Bauarbeiten wurden beendet - das „Sanatorio de Abona“ blieb für immer ungenutzt.
So zumindest lautet eine der Erklärungen für die Entstehung des Dorfes, die jedoch von einigen Einheimischen als unwahrscheinlich betrachtet wird. Sie halten eine andere These für glaubwürdiger, die besagt, dass es sich bei dem verlassenen Ort um ein „Potemkinsches Dorf“ handelt, dass errichte wurde, um eine darunter liegende Bunkeranlage zu verdecken, die dem Diktator Francisco Franco (der die Insel liebte) als Rückzugsort gedient haben soll.
Wahrheit oder Fantasie
Die Zugänge zur Bunkeranlage sollen dann im Jahre 1975 (nach dem Tod des Machthabers) verschüttet worden sein. Mir wurde erzählt, dass es an einigen Stellen noch möglich sei, in den Untergrund zu gelangen. Natürlich war ich neugierig und habe nach einem Weg gesucht, der mir den Zugang zur „Unterwelt“ der Geisterstadt freigeben würde – gefunden habe ich nichts …
Die Menschen, die sich sicher sind, dass es sich bei der Anlage um ein „Potemkinsches Dorf“ handelt, begründen ihre Theorie mit den Hinweisen, dass es in einigen höheren Gebäuden keine Treppen gäbe, die in die oberen Etagen führen würden. Auch die Tatsache, dass das Krematorium des Ruinendorfes über keinen Schornstein verfügt, wird als Hinweis gewertet, dass der Ort lediglich als Attrappe diente.
Bei dem freien Flächen zwischen den verschieden Häuserzeilen - so zumindest heißt es - soll es sich um Hubschrauberlandeplätze gehandelt haben. Des Weiteren soll man hier nicht nur auf einen Stromverteiler gestoßen sein, man soll auch eine Kompressoranlage entdeckt haben, die dazu gedient haben soll, die unterirdische Bunkeranlage mit frischer Luft zu versorgen. Das Tor mit (möglichem) Wachhäuschen und der Schriftzug TODO POR LA PATRIA (ALLES FÜR DAS HEIMATLAND) werden als Beweis dafür angesehen, dass es sich um eine militärische Anlage gehandelt haben muss. Wobei anzunehmen ist, dass sicher auch eine Anlage für Leprakranke abgesichert worden wäre – das jedoch ist natürlich nur meine Meinung.
Ob eine der beiden Theorien der Wahrheit entspricht, das ist – zumindest für mich – nicht nachvollziehbar!
Militärisches Übungsgelände und Event-Location
Sicher ist dagegen, dass das Militär unserer Gegenwart die Geisterstadt bereits oft und gerne als Übungsgelände nutzte. Wer sich die Gebäude etwas genauer anschaut, der wird hier das eine oder andere Einschussloch entdecken. An den Wänden einiger Häuser finden sich die Abzeichen der Einheiten, die hier Krieg gespielt haben.
Heute geht es in der „Geisterstadt“ meist fröhlich und gelassen zu. An den Wochenenden werden hier oft Rave- und Undergroundpartys veranstaltet. Du triffst hier auf Camper und Fotobegeisterte mit mehr oder weniger begabten Models, die den Ort als Kulisse für Bilder aller Art nutzen. An den Wänden findest du tolle Graffitis, von denen einige echte Kunstwerke sind.
Sollte dir jemand erzählen, die Geisterstadt wäre ein Ort der „Schwarzen Magie“, an dem okkulte Rituale abgehalten werden, so glaub ihm kein Wort! Keine Hexerei, keine toten Hühner, keine paranormalen Aktivitäten … Auch die Legende, dass aus der Kirche des Ortes nach Sonnenuntergang merkwürdige und beängstigende Geräusche zu hören seien, ist nicht mehr als ein fantasievolles Märchen, an das jedoch einige Besucher der „Geisterstadt“ zu glauben scheinen. So ist mir in der Kirche des Dorfes ein Mann mit einem „Ghost-Detector“ begegnet, der offensichtlich auf der Suche nach gespenstischen Aktivitäten war.
So erreichst du das Dorf der Aussätzigen in Abades:
Das Dorf der Ruinen wurde bereits vor vielen Jahren von einem Italiener aufgekauft, der hier angeblich eine Ferienanlage errichten wollte und ist – obgleich es sich um ein Privatgelände handelt - frei zugänglich. Ich habe an der Zufahrt mit den Mauerresten nur ein einziges verwittertes Schild entdeckt, welches besagt, dass das Gelände nicht betreten werden darf.
Ob und wann der italienische Investor auf dem Grundstück etwas verändern wird, ist unklar. Das Teneriffa dafür bekannt ist, dass sich hier (wie auch auf einigen anderen Inseln des Archipels) Organisationen wie die süditalienische ‘Ndrangheta tummeln, regt dann allerdings sogar meine Fantasie an … aber das ist eine andere Geschichte!
Bleibt zu hoffen, dass der Italiener das Gelände weder verkauft noch verändert! Auch wenn das Ruinendorf in der fantastischen Panoramalage manch einem „ein Dorn im Auge“ ist, so übt dieser Ort eine besondere Faszination auf seine Besucher aus und gehört sicher zu den interessantesten „Lost Places“ Spaniens.
Mein Tipp:
Wenn du verlassene Orte und Ruinen magst, dann empfehle ich dir einem Ausflug zur wirklich romantischen Casa Hamilton (auch bekannt als „El Elevador de Aguas de Gordejuela“) zu unternehmen. Du findet die tolle Industrieruine, die im Jahre 1903 erbaut wurde, an Teneriffas Nordküste – unterhalb von Los Realejos.
Sehenswert ist auch die Ruine des alten „Hotel Neptuno“ in Bajamar, dass einst zu den schönsten und beliebtesten Hotels der Insel zählte. Das Hotel sollte aufgrund der Einsturzgefahr besser nicht betreten werden. Auf dem Gelände um das Hotel findest du einen Poolbereich mit Bar und einige verfallene Bungalows mit Meerblick. An den Wänden gibt es teils fantastische Graffitis zu entdecken.
Anfahrt zum „Geisterdorf“ in Abades
Eine Möglichkeit ist es, die Autobahn (TF-1) direkt an der Ausfahrt Abades zu verlassen und in dem kleinen Küstenort mit den hübschen weißen Häusern zu parken. Es gibt dort zahlreiche Parkplätze. Wenn du deinen Wagen abgestellt hast, geht es zu Fuß weiter. Du musst nun zum schwarzen Sandstrand hinunter gehen und dort nach den Wegen Ausschau halten, die dich bergauf in Richtung Kirche führen. Du kannst nichts verkehrt machen, verschiedene kleine Pfade führen hier zur Geisterstadt hinauf.
Die zweite Möglichkeit zum Ruinendorf zu gelangen bietet sich dir, wenn du in Richtung des Leuchtturmes von Poris de Abona (Faro de Abona) fährst. Du kannst einerseits in dem kleinem Dörfchen Punta de Abona, das rund 600 Meter vor dem Leuchtturm liegt, nach rechts abbiegen (es ist gleich die erste Straße) und dem Weg bis zur Geisterstadt folgen - andererseits kannst du bis zum Leuchtturm fahren, dort parken und den Rest des Weges zum Ruinendorf zu Fuß zurücklegen. Ich finde diesen Weg besonders schön, denn man kann hier an einer wundervollen Steilküste entlanglaufen.
Blogautorin Sina und das Team von Teneriffa Ferienhaus
wünschen dir eine aufregende Zeit auf der Insel!